Advent unterm Tannenbaum, berichtet von Kurt Schröder
In den letzten Jahren wurde ich oft gefragt, warum ich einen Adventsbaum anstelle eines Adventskranzes in der Kirche aufbaue. Dieser Brauch entstand in Michendorf in der Nachkriegszeit. Durch die Kriegswirren flüchtete Frau Emma Neugebauer nach Michendorf und Frau Hanna Müller, geb. von Bethe wurde nach Potsdam versetzt. Beide Frauen stammten aus Grünberg (Zielona Gora) in Niederschlesien. Frau Müller war in Grünberg Diakonisse im dortigen Mutterhaus der Kaiserswerther Diakonie. Nach dem Tod von Herrn Müller, der in Hermannswerder Pfarrer des Diakonissenmutterhauses war, nahm Frau Müller die Stelle der evangelischen Gemeindeschwester in Michendorf an. Frau Neugebauer (genannt Tante Emma) wurde an der Michendorfer Kirche Küsterin. In Grünberg war es üblich, in der Kirche einen Adventsbaum aufzustellen. So kam dann auch der Baum zum Advent in unsere Gegend.
Kritik an der Neuerung wurde von Tante Emma mit der Bemerkung „hier leben jetzt viele Flüchtlinge aus Schlesien, denen wollt ihr doch das bisschen Heimatgefühl nicht auch noch nehmen“. So ist es bis jetzt dabei geblieben.
Nun noch etwas zur Geschichte: Theodor Fliedner, Gründer der Kaiserswerther Diakonie, startete 1846 die kathechetische Tradition der Advents- oder Verheißungsbäume. An den Bäumen waren Kerzen und Blätter mit Verheißungen und Erfüllungen befestigt. Später, als der Adventsbaum in die Gottesdienste einzog, fand eine Reduzierung auf 4 Kerzen statt. Die erste Kerze an der Spitze des Baumes ist der Davidsstern, die zweite Kerze steht für die zweite Ankündigung, die dritte Kerze soll uns sagen „das Licht nähert sich den Menschen“ und die vierte Kerze ist die Krippe. Aber auch im Berliner Raum war der Adventsbaum in der Kirche nichts Ungewöhnliches. Der schlesische Dichter Jochen Klepper berichtet anlässlich seiner Trauung am 4. Advent 1938 in der Dorfkirche in Berlin– Mariendorf ganz selbstverständlich vom Adventsbaum in der Kirche .
Es ist also nichts außergewöhnliches, dass in Michendorf ein Adventsbaum steht. Wir sind damit in einer guten Tradition.